Re: Skaldenwerke
Verfasst: 28.11.2019, 18:53
Das nächste Skaldenwerk ist wieder einmal eine Geschichte. Eine frei erfundene Legende, die unser guter Skalde zum Besten gegeben hat, als klar wurde, dass sich die Truppe in die Sargasso-See aufmachen muss.
Die Sargasso-See
Tausend Jahre ist es her, dass die Schöne Kaiserin mit ihrem Trollskraper fast ganz Aventurien in ihren blutigen Klauen hielt. Noch heute zeugen das Schlachtfeld bei Brig-Lo und die Ruinen Bosparans davon, wie die unterdrückten Völker sich zuletzt ihre Freiheit zurückeroberten. Orte, die jeder mit wachem Verstand nur mit Vorsicht betritt, wandeln dort doch bis heute die Geister ihrer Opfer.
Doch nicht nur die Dämonenbuhle selbst hat Verwüstung hinterlassen. Auch ihre Diener und Speichellecker waren für eine Gunst oder auch nur ein Lächeln von ihr bereit, ganze Landstriche ins Unglück zu stürzen. Einer ihrer Anbeter, dessen Name die Zeit verwischt hat, war Kapitän eines stolzen Schiffes. Er war allerdings kein wackerer Schiffsführer, wie wir Kapitäne kennen, sondern vor allem ein reicher Stutzer, der zwar reich genug war, ein Schiff zu unterhalten und die Mannschaft zu bezahlen, sonst aber hatte er von der Seefahrt wenig Ahnung - wahrscheinlich wurde er sogar regelmäßig seekrank. Ein echter Bosparanier eben. Nennen wir ihn trotzdem den Kapitän.
Diesem Kapitän nun war zu Ohren gekommen, dass die Schöne Kaiserin von grässlichem Missmut geplagt war. Zwar konnte sie nicht nur den prächtigsten Palast, sondern auch einen einzigartigen Blumengarten ihr Eigen nannte – einen Park, in dem im Freien oder in großen Häusern ganz aus klarem Glas angeblich alle wohlriechenden oder dem Auge gefälligen Blumen Aventuriens blühen sollten – aber dieser immer gleichen Pracht war sie inzwischen überdrüssig. Doch welche Blumen auch immer ihre Kundschafter brachten, alles war schon in dem Garten zu finden.
So beschloss der Kapitän, endlich die Aufmerksamkeit der Schönen Kaiserin zu erringen, indem er eine Expedition ausrüstete, die eine neue, nie gesehene Blume für die angebetete Herrin gewinnen sollte. Eine Expedition, die er selber führen würde, damit bloß niemand sonst sich in dem Ruhm dieses Erfolges sonnen könne. Und natürlich, weil niemand sonst sie zu dem glorreichen Triumph würde führen können, den er sich in seiner selbstverliebten Eitelkeit schon ausmalte.
Ein gutes Schiff und eine wackere Mannschaft waren schnell gefunden, denn auch wenn die Edlen des alten Reiches längst der Dekadenz verfallen waren, brachte das einfache Volk doch immer noch hervorragende Seeleute hervor. Und da der Kapitän gut zu zahlen bereit war, wurde von diesen sogar zähneknirschend akzeptiert, dass ein ahnungsloser Lackaffe das Schiff kommandieren würde. Immerhin war ja der erste Offizier ein erfahrener Seebär, der – so hofften die Matrosen – das Schlimmste schon verhindern würde.
Viele unnötige Gefahren und Leid mussten die armen Seeleute allerdings ertragen, war der Kapitän doch in seinem überdrehten Stolz nicht bereit, die guten Ratschläge oder Warnungen seiner Mannschaft zu beherzigen, sondern wähnte in allem den Versuch, seine Autorität zu untergraben oder ihn gar von seinem Ziel abzubringen. Und so ließ er Küsten voller Riffe ansteuern, bei vollem Segel Stürme oder Nebelbänke durchfahren, und was der Dinge mehr sind, die selbst bei den Horasiern jeder halbgare Schiffsjunge schon besser weiß. Immer wieder entging das Schiff nur durch unglaubliches Glück und Tapferkeit und Geschick seiner Besatzung dem fast schon sicheren Untergang.
Zuletzt aber, als sich immer mehr der Seeleute schon fragten, wie lange dieser Wahnsinn noch weitergehen solle, und ob eine noch so hohe Heuer das Ganze wert sein könne, gelangte der Kapitän doch noch ans Ziel seiner Träume. Tief im Perlmeer liegt die verwunschene Waldinsel Setokan, deren verrufene Mahlströme jeder Schiffsführer mit klarem Verstand weitläufig meidet. Um den klaren Verstand des Kapitäns war es aber nun von Anfang an nicht gut bestellt gewesen, und mit jedem Landgang, der nicht zu der erhofften Königin der Blüten geführt hatte, war es nur schlimmer geworden. So ließ er Kurs auf Setokan setzen, und es heißt, er habe einen Alfenreif mit dunkler Magie nutzen müssen, um die Mannschaft dazu zu zwingen, diesem Befehl Folge zu leisten. Doch auch diesmal wieder waren Glück und Geschick gegen jede Wahrscheinlichkeit gerade so ausreichend, um das Ziel zu erreichen. Und hier endlich fand der Kapitän eine Blume, die seiner geliebten Kaiserin würdig sein könnte. Ein betörender Duft führte die Expedition zu einer Blüte von überirdischer Schönheit, die selbst die wenig begeisterten Seemänner in ihren Bann schlug. Sorgfältig wurde die Pflanze mitsamt der umgebenden Erde ausgegraben und an Bord genommen, und endlich sollte die Reise wieder in die Heimat gehen. So wurde am selben Tag noch Kurs auf Khunchom gesetzt.
Das Glück aber, dass die Mannschaft bisher bei allen Gefahren, in das der Kapitän sie geführt hatte, gerettet hatte, schien das Schiff auf der Rückreise verlassen zu haben. Erst brach sich ein Matrose das Genick, als er bei Nacht den Niedergang herabstürzte, dann wurde der Schiffsjunge von einer gebrochenen Rahe erschlagen. Der Steuermann wurde morgens erstickt am Steuer aufgefunden und der Smutje schien sich selbst vergiftet zu haben. Kurz, es folgte Todesfall auf Todesfall, einer mysteriöser als der andere. Der Kapitän aber verbrachte die Zeit fast gänzlich im Frachtraum, den außer ihm niemand mehr betreten durfte. Nur die Leichen der Unglücksopfer ließ er dort einlagern, zur späteren Untersuchung auf verbrecherische Umtriebe, wie er sagte.
Dies alles zehrte an den wackeren Seeleuten, und als das Schiff dann zuletzt auch noch in eine Flaute geriet, da war es um ihre Geduld geschehen. Von ein paar wackeren Männern gefolgt betrat der erste Offizier den Laderaum, um die Beseitigung der offensichtlich verfluchten Pflanze zu fordern. Doch dazu war es längst zu spät, das Schicksal von Schiff und Besatzung war schon entschieden. Im Frachtraum nämlich fanden sie die Blume von einem unnatürlichen, purpurnen Leuchten umgeben, und einen offensichtlich dem Wahnsinn verfallenen Kapitän, der die Pflanze wie eine Geliebte zu liebkosen und zu küssen versuchte. Um die beiden herum aber, je von einer Wurzel des widernatürlichen Gewächses umschlungen, die völlig verdorrten Körper der verunglückten Matrosen.
Gerade als die entsetzten Seemänner ihre Waffen ziehen wollten, um dieses Grauen mit Gewalt zu beenden, drangen allerdings panische Schreie von Deck herab. Dort hatte sich Seetang um das antriebslos in der Flaute liegende Schiff gesammelt, der nun begann, aus eigener Kraft die Bordwand hinaufzuklettern. Schleimig grüne Tanglappen umschlangen die Beine der Frauen und Männer an Deck und brachten sie zu Fall, um die Unglücklichen dann ganz am Boden zu fesseln und zu erdrosseln. Wacker setzte sich die Besatzung mit Entermessern und Äxten zur Wehr, aber wenig konnten sie gegen die immer höher heranwachsende Masse an lebendigem Seetang ausrichten, die mehr und mehr Schiff und Deck umschlangen.
Nur fünf wackeren Matrosen gelang es zuletzt, das Beiboot zu Wasser zu lassen, als klar wurde, dass das Schiff verloren war. Zwei von ihnen wurden von den Seepflanzen noch aus dem Boot gezerrt, bevor dieses das Tangfeld um das Schiff verlassen konnte. Ein Weiterer starb auf der Fahrt und nur zwei Überlebende erreichten die rettende Küste, von dem Erlebten an Leib und Seele zerrüttet. Die unglücksbringende Blume aber blieb auf dem nun besatzungslos treibenden Schiff zurück, und rief immer mehr Seetang um sich, der für sie Jagd auf weitere Schiffe machen sollte, um mit deren Besatzung ihren dämonischen Hunger zu stillen.
Die Sargasso-See
Tausend Jahre ist es her, dass die Schöne Kaiserin mit ihrem Trollskraper fast ganz Aventurien in ihren blutigen Klauen hielt. Noch heute zeugen das Schlachtfeld bei Brig-Lo und die Ruinen Bosparans davon, wie die unterdrückten Völker sich zuletzt ihre Freiheit zurückeroberten. Orte, die jeder mit wachem Verstand nur mit Vorsicht betritt, wandeln dort doch bis heute die Geister ihrer Opfer.
Doch nicht nur die Dämonenbuhle selbst hat Verwüstung hinterlassen. Auch ihre Diener und Speichellecker waren für eine Gunst oder auch nur ein Lächeln von ihr bereit, ganze Landstriche ins Unglück zu stürzen. Einer ihrer Anbeter, dessen Name die Zeit verwischt hat, war Kapitän eines stolzen Schiffes. Er war allerdings kein wackerer Schiffsführer, wie wir Kapitäne kennen, sondern vor allem ein reicher Stutzer, der zwar reich genug war, ein Schiff zu unterhalten und die Mannschaft zu bezahlen, sonst aber hatte er von der Seefahrt wenig Ahnung - wahrscheinlich wurde er sogar regelmäßig seekrank. Ein echter Bosparanier eben. Nennen wir ihn trotzdem den Kapitän.
Diesem Kapitän nun war zu Ohren gekommen, dass die Schöne Kaiserin von grässlichem Missmut geplagt war. Zwar konnte sie nicht nur den prächtigsten Palast, sondern auch einen einzigartigen Blumengarten ihr Eigen nannte – einen Park, in dem im Freien oder in großen Häusern ganz aus klarem Glas angeblich alle wohlriechenden oder dem Auge gefälligen Blumen Aventuriens blühen sollten – aber dieser immer gleichen Pracht war sie inzwischen überdrüssig. Doch welche Blumen auch immer ihre Kundschafter brachten, alles war schon in dem Garten zu finden.
So beschloss der Kapitän, endlich die Aufmerksamkeit der Schönen Kaiserin zu erringen, indem er eine Expedition ausrüstete, die eine neue, nie gesehene Blume für die angebetete Herrin gewinnen sollte. Eine Expedition, die er selber führen würde, damit bloß niemand sonst sich in dem Ruhm dieses Erfolges sonnen könne. Und natürlich, weil niemand sonst sie zu dem glorreichen Triumph würde führen können, den er sich in seiner selbstverliebten Eitelkeit schon ausmalte.
Ein gutes Schiff und eine wackere Mannschaft waren schnell gefunden, denn auch wenn die Edlen des alten Reiches längst der Dekadenz verfallen waren, brachte das einfache Volk doch immer noch hervorragende Seeleute hervor. Und da der Kapitän gut zu zahlen bereit war, wurde von diesen sogar zähneknirschend akzeptiert, dass ein ahnungsloser Lackaffe das Schiff kommandieren würde. Immerhin war ja der erste Offizier ein erfahrener Seebär, der – so hofften die Matrosen – das Schlimmste schon verhindern würde.
Viele unnötige Gefahren und Leid mussten die armen Seeleute allerdings ertragen, war der Kapitän doch in seinem überdrehten Stolz nicht bereit, die guten Ratschläge oder Warnungen seiner Mannschaft zu beherzigen, sondern wähnte in allem den Versuch, seine Autorität zu untergraben oder ihn gar von seinem Ziel abzubringen. Und so ließ er Küsten voller Riffe ansteuern, bei vollem Segel Stürme oder Nebelbänke durchfahren, und was der Dinge mehr sind, die selbst bei den Horasiern jeder halbgare Schiffsjunge schon besser weiß. Immer wieder entging das Schiff nur durch unglaubliches Glück und Tapferkeit und Geschick seiner Besatzung dem fast schon sicheren Untergang.
Zuletzt aber, als sich immer mehr der Seeleute schon fragten, wie lange dieser Wahnsinn noch weitergehen solle, und ob eine noch so hohe Heuer das Ganze wert sein könne, gelangte der Kapitän doch noch ans Ziel seiner Träume. Tief im Perlmeer liegt die verwunschene Waldinsel Setokan, deren verrufene Mahlströme jeder Schiffsführer mit klarem Verstand weitläufig meidet. Um den klaren Verstand des Kapitäns war es aber nun von Anfang an nicht gut bestellt gewesen, und mit jedem Landgang, der nicht zu der erhofften Königin der Blüten geführt hatte, war es nur schlimmer geworden. So ließ er Kurs auf Setokan setzen, und es heißt, er habe einen Alfenreif mit dunkler Magie nutzen müssen, um die Mannschaft dazu zu zwingen, diesem Befehl Folge zu leisten. Doch auch diesmal wieder waren Glück und Geschick gegen jede Wahrscheinlichkeit gerade so ausreichend, um das Ziel zu erreichen. Und hier endlich fand der Kapitän eine Blume, die seiner geliebten Kaiserin würdig sein könnte. Ein betörender Duft führte die Expedition zu einer Blüte von überirdischer Schönheit, die selbst die wenig begeisterten Seemänner in ihren Bann schlug. Sorgfältig wurde die Pflanze mitsamt der umgebenden Erde ausgegraben und an Bord genommen, und endlich sollte die Reise wieder in die Heimat gehen. So wurde am selben Tag noch Kurs auf Khunchom gesetzt.
Das Glück aber, dass die Mannschaft bisher bei allen Gefahren, in das der Kapitän sie geführt hatte, gerettet hatte, schien das Schiff auf der Rückreise verlassen zu haben. Erst brach sich ein Matrose das Genick, als er bei Nacht den Niedergang herabstürzte, dann wurde der Schiffsjunge von einer gebrochenen Rahe erschlagen. Der Steuermann wurde morgens erstickt am Steuer aufgefunden und der Smutje schien sich selbst vergiftet zu haben. Kurz, es folgte Todesfall auf Todesfall, einer mysteriöser als der andere. Der Kapitän aber verbrachte die Zeit fast gänzlich im Frachtraum, den außer ihm niemand mehr betreten durfte. Nur die Leichen der Unglücksopfer ließ er dort einlagern, zur späteren Untersuchung auf verbrecherische Umtriebe, wie er sagte.
Dies alles zehrte an den wackeren Seeleuten, und als das Schiff dann zuletzt auch noch in eine Flaute geriet, da war es um ihre Geduld geschehen. Von ein paar wackeren Männern gefolgt betrat der erste Offizier den Laderaum, um die Beseitigung der offensichtlich verfluchten Pflanze zu fordern. Doch dazu war es längst zu spät, das Schicksal von Schiff und Besatzung war schon entschieden. Im Frachtraum nämlich fanden sie die Blume von einem unnatürlichen, purpurnen Leuchten umgeben, und einen offensichtlich dem Wahnsinn verfallenen Kapitän, der die Pflanze wie eine Geliebte zu liebkosen und zu küssen versuchte. Um die beiden herum aber, je von einer Wurzel des widernatürlichen Gewächses umschlungen, die völlig verdorrten Körper der verunglückten Matrosen.
Gerade als die entsetzten Seemänner ihre Waffen ziehen wollten, um dieses Grauen mit Gewalt zu beenden, drangen allerdings panische Schreie von Deck herab. Dort hatte sich Seetang um das antriebslos in der Flaute liegende Schiff gesammelt, der nun begann, aus eigener Kraft die Bordwand hinaufzuklettern. Schleimig grüne Tanglappen umschlangen die Beine der Frauen und Männer an Deck und brachten sie zu Fall, um die Unglücklichen dann ganz am Boden zu fesseln und zu erdrosseln. Wacker setzte sich die Besatzung mit Entermessern und Äxten zur Wehr, aber wenig konnten sie gegen die immer höher heranwachsende Masse an lebendigem Seetang ausrichten, die mehr und mehr Schiff und Deck umschlangen.
Nur fünf wackeren Matrosen gelang es zuletzt, das Beiboot zu Wasser zu lassen, als klar wurde, dass das Schiff verloren war. Zwei von ihnen wurden von den Seepflanzen noch aus dem Boot gezerrt, bevor dieses das Tangfeld um das Schiff verlassen konnte. Ein Weiterer starb auf der Fahrt und nur zwei Überlebende erreichten die rettende Küste, von dem Erlebten an Leib und Seele zerrüttet. Die unglücksbringende Blume aber blieb auf dem nun besatzungslos treibenden Schiff zurück, und rief immer mehr Seetang um sich, der für sie Jagd auf weitere Schiffe machen sollte, um mit deren Besatzung ihren dämonischen Hunger zu stillen.