Lesen bitte auf eigene Gefahr, ich setze da nicht noch zwischendurch MI-Tags.
Der Roman hat mir etwas besser gefallen als "Schlangengrab", da er an vielen Stellen weniger dahinplätscherte (wenn auch manchmal schon dahinplätscherte - Phileassons Mannschaft noch auf Maraskan, und bis sie auch mal die Sargasso-See erreichen, ist das Buch halb durch, und wirklich Spannendes passiert da nicht).
Mittlerweile könnte die Reihe mEn auch den Titel "Die Beorn-Saga" tragen. Beorn hat - ich habe es nicht nachgehalten, aber meinem Gefühl nach recht deutlich - auch in Band 6 mehr Seiten als sein Kontrahent bekommen, und die besseren Erfolge fährt er zur Zeit auch ein. Aus Beorns Sicht wird oft geschrieben, er hat Motivationen, Vorhaben, Denken und Fühlen, die für den Leser transparent werden, was bei Phileasson wenig rüberkommt, da aus seiner Sich selten mal geschrieben wird, sondern wenn dann mehr aus der Warte des einen oder anderen seiner Mitstreiter.
Beorn wird weiterhin halbwegs sympathisch gestaltet, vorbei die Zeiten, als er Mitglieder seiner Mannschaft opferte, ständig Konkurrenz auf seinen Posten als Anführer sah und sowieso ein mieser Drecksack war. Jetzt hat er ständig seine Mannschaft im Sinn, keine Gedanke mehr an irgendein sexuelles Verlangen auf Pardona und irgendein Hörigkeitsgefühl (jetzt hat er ja eine andere Frau für die Nächte, für die er womöglich anfängt, Gefühle zu entwickeln).
Bei Phileasson wird nur manchmal eine stärkere moralische Komponente angedeutet (aber als Beorn sich Vermis vornimmt (guter Mann!^^) steht er völlig tatenlos daneben), und er ist kein ganz so harter Hund, aber ich finde ihn als Figur insgesamt ziemlich blass.
Wobei es hier gegenüber anderen Büchern wieder variiert, aus wessen Blickwinkeln geschrieben wird. Aus Shayas Sicht, aus deren Blickwinkel im Band zuvor sehr viel geschrieben wurde, finden sich ein paar Absätze zwischendurch, sonst taucht sie immer nur am Rande auf, was ich sehr schade finde. Gerade nachdem sie so zentral im Buch zuvor gewesen war, fehlte mir nun die Reflektion darüber, wie sie sich jetzt fühlt und mit dem, was passiert war, umgeht. Da hätte ich gerne mehr gesehen als der häufige Eindruck, dass sie ein wenig aggressiver und mieser drauf ist. Und dann wird leider auch nur in wenigen Sätzen von Pardona zusammengefasst, dass Shaya zu Lenya gekommen wäre, um Trost zu suchen (und es fehlt völlig, wie Shaya auf die sich da abgeholte Abfuhr reagiert).
Überhaupt geschieht oft etwas, oder wird etwas gesagt, und bevor ich als Leserin erfahre, wie das ankommt, was es bewirkt bei dem jeweiligen Protagonisten, ist das Unterkapitel ist zu Ende und mit Pech setzt die nächste Szene mit der Figur Stunden später oder am Tag drauf.
Abdul hat viel Raum, aber dessen oft kindliche, halb schusselige, teils magisch-mystische Sicht der Dinge finde ich in dieser Menge nicht spannend, ebenso wenig, dass Galandel noch immer alt wird und bald stirbt (das ganze Buch über), und Lailath wurde erst, als sie auf Solo-Aktionen ging, als Handlungsträgerin für mich interessant, ich hatte von ihr und ihrer Meeresangst und "sie-versteht-die-Menschen-nicht" schon genügend Eindrücke in vorherigen Büchern gesammelt, um das nun nicht erneut in Ausführlichkeit zu lesen.
Vom Prolog bin ich nicht angetan, da habe ich mich schon etwas durch gequält, weil ich ihn recht zäh fand. Die beiden Magier und die Magierin auf der Suche nach dem Kelch, aber eigentlich geht es nur darum, ein super tolles früher mal fliegendes Schiff der Hochelfen, das seit Jahrtausenden in den Salamandersteinen bruchgelandet liegt, zu erkunden, und den Kelch (natürlich) dort nicht zu finden. Eigentlich geht es gar nicht um den Kelch, und viel zu dem Verhältnis der Magier fast 25 Jahre später in der Sargasso-See trägt es eigentlich auch nicht bei, auch nicht dazu, was die Bedeutung des Kelchs ist.
Mir war unverständlich, dass sich nicht daran gemacht wurde, das Schiff zu bergen versuchen, oder wenigstens zu erforschen, sondern es zu Gunsten ihrer Hoffnungen auf den Kelch sausen zu lassen und wieder auf jahrelange Forschung zu gehen. Das Schiff ist eine magische Sensation (und ja, war sicherlich nur ein geretconnter Appetizer auf die geplante Sternträger-Kampagne).
Da mussten es in meinen Augen nicht fast 100 Seiten sein.
Dazu finde ich es doch aus meiner Warte anstrengend, wenn irgendwelche Namen, Begriffe, Begebenheiten offen gesagt werden, und keiner fragt nach, was es damit auf sich hat, um dann etwas später damit unerwartet konfrontiert zu sehen. Ich weiß nicht, wozu der Mactans oft genug vorher erwähnt wurde.
Umsetzung des Mactans fand ich eigentlich gut, nur der Kampf der war ... naja, so etwas von plötzlich zu Ende, als ich dachte, jetzt kommt der Hauptkampf des Abends. Der war so schnell weg vom Fenster, dass ich staunend auf die Buchseiten schaute. Viel zu schnell, dieser Endkampf. Die Kämpfe gegen die Spinnen haben wiederholt mehr Raum bekommen.
Mit Darstellung von Magie und Götterwirken, Frauenbild und Umgang mit Geweihten läuft die Reihe weiterhin neben meiner Spur. Der Igni wird mal mit der linken, mal der rechten Hand geführt, mal muss man was sagen, mal nicht. Tylstyr wendet kontinuierlich eigentlich nur zwei Zauber an, die Hexe Dolorita auch nur zwei, zum Glück können andere Personen andere, sonst könnte der Leser glauben, es gäbe höchstens ein Dutzend Zaubersprüche (auch wenn beschriebene Gestiken und Formeln meist nicht erwähnt werden).
Der Swafnir-Glaube, so wie er von verschiedenen Seiten beschrieben wird, erinnerte mich zunehmend mehr an Kor-Glauben, gerade was 'der Stärkere darf dem Schwächeren alles nehmen, hat er halt Pech gehabt, wenn's sich dabei stirbt' betrifft. Phileasson betonte, dass er Schildmaieden ebenso behandelt wie (männliche) Recken. Dass man das extra betonen muss ... In diesen Büchern irgendwie schon, da kämpferische Frauen zwar nicht völlig ungewöhnlich sind, aber auch nicht ganz der Norm entsprechen.
Praioslob überraschte mich damit, dass er sagte (und das zeitlich kurz nachdem Shaya und er Grabsegen gesprochen haben), dass Geweihte nicht aus eigener Kraft Wunder wirken können, sondern durch einen Geweihten die Gottheit einen Missstand korrigiert. Letzteres ist zwar richtig, aber dafür haben sie halt doch die Karmaenergie, um, wenn sie es für nötig halten, halt im Sinne der Gottheit einsetzen können.
Es war zwar durchaus nicht falsch von ihm, in der Situation sich und die anderen beiden aus einer misslichen Situation nicht mittels Liturgie zu befreien, aber ganz korrekt inhaltlich als auch für einen Praioten fand ich das nicht. Zumal hätte er es, hätte es das sehr interessante Gespräch zwischen Praioslob und Zidaine in eine andere Richtung lenken können (aber da soll halt einiges noch nicht geschehen).
Dieses Gespräch sammelt dann allerdings bei mir Pluspunkte und enthält für mich mit die besten Szenen des Buches. So stelle ich mir einen Praioten vor (bis auf die Aussage über das Wunder wirken). Endlich wurden einige Fragen gestellt und beantwortet, die ich mir auch schon stellte. (Es gab sogar eine eher unerwartete Antwort dabei, die aber tatsächlich Sinn macht). Praioslobs Argumentationskette, seine Wortwahl, sein Verhalten dabei, das fand ich sehr schön beschrieben. (Dieses Gespräch war seit "Die Wölfin" so etwas von überfällig.)
Die einzigen Wermutstropfen dabei (für mich): Obwohl Tylstyr auch dabei ist, ist sein Anteil für die quälenden Fragen, die ihn beschäftigen, sehr gering, weil er diese Dinge über einen Zeitraum von drei Tagen nicht anspricht.
Außerdem halte ich einen von Praioslobs Argumentationspunkten vor dem offiziellen Hintergrund nicht haltbar (aber die Romane bewegen sich ja nicht vor dem ganz offiziellen Hintergrund), und dass sich das Gespräch phasenweise über 3 Tage hinzieht und die Zeit zwischen den Abschnitten selbst rückwirkend kaum skizziert wird, finde ich schade.
Von daher:
Dass der (grandiose!) Endkampf gegen den Mactans und um den Kelch dann für einige Seiten "rechtskundlicher Diskussionen" zwischen Praislob, Zidaine und Tylstyr zu Schuld, Sühne, und Rache nach den Vergewaltigungstaten unterbrochen wird, hat mich schon ein bisschen aufgeregt.
Das ist bei mir genau umgekehrt. Ich fand alles andere zwischen diesem Gespräch störend und habe zwischendurch vorgeblättert zum nächsten Gesprächsteil, das in meinen Augen in einem Guss hätte sein sollen, und nicht so über 3 Tage verteilt ohne zu wissen, wie der Umgang dazwischen miteinander aussieht, und nicht mit anderen Handlungssträngen dazwischen.
Ich finde den Stainakr-Handlungsstrang zwar an sich auch so überflüssig wie einen Kropf, und der den dies betreffenden Prolog gehört mit zu dem Unaventurischsten, was mir in DSA-Romanen unterkam (und Massen-Vergewaltigung halte ich auch für kein gutes Thema in einem Unterhaltungsroman). Aber weil dies die ganzen Bücher vorweg nicht aufgenommen wurde - obwohl gerade in Band 4 gar kein Hehl rausgemacht wurde, und gerade die Geweihten und Phileasson mit "Ach ne, nicht jetzt, lass mal" sinngemäß drauf reagierten ließ mir regelmäßig die Zehen aufstellen - war es mehr als überfällig.
Aber man merkt und hier und bei anderen Andeutungen, dass sich der Leser da wohl über alle Bände hinweg bemühen muss zu warten, und irgendwelche Konflikte nicht früher gelöst werden, bzw. Hintergründe nur ab und ganz schwach kurz angedeutet werden, um die nächsten paar hundert Seiten sich damit nicht mehr zu beschäftigen.
Pardona ist mittlerweile ähnlich wie Beorn (zum Glück für mich) weg von der "alles mit Sex"-Schiene, auch wenn ich ihre Freude, einem Chimärologen bei der Arbeit zuzuschauen, und dessen Arbeit zu bewundern, dann etwas seltsam finde angesichts ihrer eigenen vermutlich weit umfassenderer Fähigkeiten auf dem Gebiet (ich wüsste nicht, was er können sollte, was sie nicht besser könnte).
Warm werde ich mit dieser Pardona-Darstellung trotzdem nicht. Zu schlechter Start und auch die jetzige Pardona ist eher nicht das, was ich mir darunter vorstelle.
Und, ach ja ... nun ist die zweite der beiden Nebenfiguren, die ich mochte, hopps gegangen.
Oh, und das Cover gefällt mir sehr gut. Das finde ich tatsächlich gut gelungen und mich sehr ansprechend.